Es ist still, so unsagbar still.
und es ist leer.
Der Schmerz ist heftig, wir hatten gehofft, doch die Hoffnung stirbt zu letzt.
Letzten Freitag hatten wir noch unseren 16. Hochzeitstag gefeiert, nur Waltraut und ich, hatten uns ein Glas Portwein gegönnt. Wir waren so in Hoffnung, dass der 20. kein Problem sein sollte :-(.
Im Februar bekamen wir die Diagnose Krebs. Darmkrebs inoperabel, zu viele Metastasen im Bauchraum, zu groß die Gefahr, dass das Bauchfell mit dem Darm verwachsen könnte. Ein langes Gespräch mit dem Onkologen. Meine Bedenken, ob denn die Chemo wirken würde, konnte er nicht ausräumen. Meine Befürchtungen, dass uns durch die Behandlung einfach nur wertvolle Lebenszeit verloren geht, hat sich bestätigt.
Wieder einmal hatte ich Recht, wie sehr ich es hasse, wieder einmal ist eingetreten, was von ärztlicher Seite als unwahrscheinlich eingeordnet wurde. Wie 2017, als ich nach einer eigentlich harmlosen Blasenoperation mir MRSA (antibiotikaresistente Krankenhauskeime) eingefangen habe. Ich hatte es schon befürchtet, dass es mich erwischt.
Ich hasse es Recht zu behalten.
Meine Glaskugel hat mich auch in den letzten Jahren nicht im Stich gelassen, doch nun ist Corona vorbei, lasst uns nach vorne schauen, wir haben nun Klima.
Gestern morgen noch war Waltraut so froh gemuhtes, war stolz, dass sie es ohne meine Hilfe geschafft hat das Frühstück zu machen, Während ich auf dem Weg in den Laden war, hat sie Pläne für das Abendbrot der nächsten Tage gemacht, hat sich ein wenig um den Haushalt gekümmert, war stolz wie Bolle, dass sie wieder etwas alleine machen konnte. Hat mir beim Frühstück noch ihre Beine gezeigt, hat sich gefreut, dass sie wieder etwas Muskelmasse bekommen hat.
Doch am Mittag wendete sich das Blatt. Plötzlich konnte sie ihre Beine weder spüren, noch bewegen. Hilflos lag sie, weit ab von jedem Telefon am Boden. Glücklicherweise wurde sie nach nur gut 2 Stunden gefunden, weil ein Freund von mir den Rasen gemäht hat.
Also Rettungswagen, ab ins Krankenhaus. Nach einigen Stunden hat man mich endlich zu ihr gelassen.
Die Diagnose war schrecklich.
Alle Hauptadern abwärts vom Bauch hatten keinen Durchfluss mehr, ihre Beine kreideweiß und kalt. So unsäglich kalt. Der Darm schon am absterben, beginnende Sepsis. In Folge Alter und Vorerkrankungen keine Behandlung noch möglich.
Zeit zum Abschied nehmen. Morgens noch voller Leben, am Abend schon fast tot.
Die Metastasen haben sich während der Krebsbehandlung vervielfacht, und die Verstopfung ihrer Blutbahnen durch die Chemo noch begünstigt und beschleunigt.
Heute Vormittag habe ich Waltraut dann mit Jule und Karina noch besucht. Zu Jule und Karina hatte Waltraut ein sehr freundschaftliches Verhältnis. Sie war inzwischen durch starke Schmerzmittel kaum noch bei Bewusstsein, ich habe ihr aber angesehen, dass sie sich über unseren Besuch doch sehr gefreut hat.
Nur kurze Zeit später bekam ich im Laden den Anruf, dass sie für immer von uns gegangen ist.
Es ist still, so unsagbar still.
und es ist leer.